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Zahlen und Fakten

© Christine Potocnik

Geographie und politisches System

Bhutan – in der Nationalsprache Dzongkha als „Drukyul„, das „Land des Donnerdrachens“ oder Druk Gyalkhab, „Donnerdrachenland“ bezeichnet – liegt im östlichen Himalaya, eingeschlossen von den beiden dicht besiedelten Riesen Indien und China (Autonome Region Tibet). Das kleine Königreich hat eine Landfläche von 38.394 Quadratkilometer, von denen etwa 71% bewaldet sind. Artikel 5 der Verfassung des Landes besagt, dass mindestens 60% der gesamten Landfläche Bhutans für alle Zeiten bewaldet bleiben müssen. 2019 wurde die Bevölkerung auf 734.374 Menschen geschätzt.

Die tiefsten Gebiete Bhutans im Süden liegen etwa 100 Meter über dem Meeresspiegel. Der höchste Punkt ist der Gangkhar Punsum mit 7578 Metern im Norden. Das Land zeichnet sich durch steile und zerklüftete Gebirgslandschaften aus, die verschiedene ökologische und klimatische Zonen umfassen. Die spezielle Topographie Bhutans erschwert den Ausbau der Straßeninfrastruktur.

Nach Jahrhunderten der Theokratie markierte das Jahr 1907 den Beginn der Monarchie, indem sich die Wangchuck-Dynastie als königliche Abstammungslinie konsolidierte. Im März 2008 wurden die ersten demokratischen Wahlen abgehalten, welche folglich den friedlichen Übergang Bhutans in eine demokratische konstitutionelle Monarchie markierten. Staatsoberhaupt ist gegenwärtig der fünfte König, Jigme Khesar Namgyal Wangchuck, der am 9. Dezember 2006 den Thron von seinem Vater Jigme Singye Wangchuck übernahm und am 1. November 2008 öffentlich gekrönt wurde.

Bevölkerung und Sprachen

Die Bevölkerung ist grob in drei große Gruppen unterteilt, die Ngalong im Westen, Lotshampa im Süden und Sharchop im Osten. Es gibt vier Sprachgruppen: die zentral- bodische Gruppe, zu der die Nationalsprache Dzongkha gehört, die östlich-bodische Gruppe (z.B. Bumtangkha, Kengkha und Kurtöp), andere bodische Sprachen (z.B. Tshangla) und indoeuropäische Sprachen (Nepali, Hindi, Englisch). Die Existenz einer Vielzahl von Sprachen hat dazu geführt, dass die meisten Bhutaner und Bhutanerinnen mehrsprachig aufwachsen und mindestens drei Sprachen beherrschen.

Flora und Fauna

Bhutan ist reich an Biodiversität, und das Land kann in drei öko-floristische Zonen unterteilt werden: das subtropische Tiefland, das gemäßigte Mittelland und das alpine Hochland. Diese Zonen entsprechen in etwa den gemeinsamen geopolitischen Gebieten des südlichen, mittleren und nördlichen Bhutan, obwohl im Süden Bhutans auch fast alpine Berggipfel und im Norden subtropische Wälder zu finden sind.

Die südliche Region umfasst das subhimalajische Vorgebirge und ist mit Tropenwald bedeckt, der einen schmalen Gürtel mit der indo-bhutanischen Grenze bildet. In dieser Region herrscht ein subtropisches Monsunklima, und die jährlichen Niederschläge sind exzessiv. Es ist heiß und feucht im Sommer, mit einer Durchschnittstemperatur von 30°C am Tag, aber angenehm im Winter mit durchschnittlich 20-25°C am Tag.

Die Zentralregion liegt im inneren Himalaja und besteht aus höheren Bergen. Das Klima dieser Region ist in den tieferen Lagen gemäßigt und in den höheren Lagen eher kalt, vor allem während der Nacht. Im Sommer können die Temperaturen auch in den höheren Lagen tagsüber bis auf 23°C ansteigen.

Die nördliche Region liegt im Großen Himalaja, mit hohen schneebedeckten Berggipfeln entlang der chinesischen Grenze. Bhutans Hochgebirgstrekkingrouten befinden sich in diesem Gebiet.

Religion

Bhutan ist das letzte unabhängige Land der Welt mit dem Mahayana-Buddhismus als Staatsreligion. Man nimmt an, dass die buddhistischen Lehren Bhutan im 7. Jahrhundert n. Chr. erreichten, als die ersten Tempel errichtet wurden. Der tibetische König Songtsen Gampo gründete in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts den Kyiuchu-lhakhang in Paro und Jampe-lhakhang in Bumthang.

Die wichtigste Phase war jedoch, als Padmasambhava oder, wie er in Bhutan genannt wird, Guru Rinpoche, Mitte des 8. Jahrhunderts nach Bhutan kam und eine solide Grundlage für die Entwicklung der kulturellen und religiösen Traditionen des Landes schuf. Der Legende nach tat er dies, indem er die lokalen Gottheiten und Geister der damals vorherrschenden Bön-Religion unterwarf und als Schutzgottheiten in den Buddhismus integrierte. Er begründete damit die tantrische Form des bhutanischen Buddhismus.

Nach dem 11. Jahrhundert n. Chr. begannen sich verschiedene buddhistische Schulen in Bhutan zu verbreiten und ab dem 13. Jahrhundert kamen buddhistische Gelehrte (Lamas), um die Lehren ihrer jeweiligen Schulen einzuführen. Viele von ihnen gründeten nur einige wenige Tempel, die dann von anderen Schulen integriert wurden. Heute ist die Drukpa-Sekte der Kagyupa-Schule, wie sie von Zhabdrung Ngawang Namgyel in Bhutan kodifiziert wurde, die Staatsreligion. Im östlichen Teil des Landes ist die Nyingmapa-Tradition jedoch sehr weit verbreitet.

Bruttosozialglück (GNH): Der Mittelweg zur Entwicklung

Das Königreich Bhutan setzt Wert auf Erhaltung und Bewahrung seiner einzigartigen Umwelt, Kultur und Traditionen. Das Land folgt einem „Mittelweg“, der mit Buddhas Lehren übereinstimmt. Die Nationale Umweltstrategie Bhutans betont, dass die Vorstellung, dass das Bruttonationalglück (GNH) wichtiger sei als das Bruttoinlandsprodukt, dem bhutanisch-buddhistischen Wertesystem innewohne. Sie wird dem gängigen Begriff und Konzept von Entwicklung gegenübergestellt, welcher sich demnach „nur“ auf die Erfüllung der materiellen Bedürfnisse von Menschen beschränkt.

Sowohl buddhistischen als auch vorbuddhistischen Philosophien zufolge glaubt man, dass die Berge, Flüsse, Ströme, Felsen und das Erdreich Bhutans Lebensräume der Geister und Gottheiten sind. Die Verschmutzung dieser Orte stört die dort ansäßigen Geister und Gottheiten und kann Krankheiten bei Menschen zur Folge haben. Dieser Respekt für alle Lebewesen stellte eine solide Grundlage dar um eine moderne nationale Umweltstrategie zu entwickeln. Die Vorstellungen einer „beseelten Landschaft“ und der buddhistische Grundsatz, dass Handlungen in diesem Lebens sich auf die Wiedergeburt auswirken, motiviert Menschen demnach zur Erhaltung der natürlichen Ressourcen Bhutans.

Diese Annahme spiegelt sich auch im Konzept des Bruttonationalglücks (GNH) wider. GNH ist die einzigartige bhutanische Entwicklungsideologie, die dem Glücklichsein ebenso viel Bedeutung beimisst wie dem wirtschaftlichen Wohlergehen einer Gesellschaft. GNH steht auf vier Säulen: i) gute Regierungsführung, ii) nachhaltige sozioökonomische Entwicklung, iii) Erhaltung und Förderung der Kultur und iv) Umweltschutz. Diese sind in neun Unterbereiche unterteilt, i) psychologisches Wohlbefinden ii) Gesundheit iii) Zeit-Nutzung iv) Bildung v) kulturelle Vielfalt und Resilienz vi) gute Regierungsführung vii) gemeinschaftliche Vitalität viii) ökologische Vielfalt und Resilienz und ix) Lebensstandard. Jeder bereich hat 33 spezifische Indikatoren anhand derer das „Glück“ der Menschen quantitativ erhoben wird.

GNH wurde zuerst vom vierten König formuliert, hat aber seine Wurzeln im Gesetzbuch von 1729 aus der Zeit der Reichseinigung Bhutans durch Zhabdrung Rinpoche. In dieser wird erklärt, dass „wenn eine Regierung kein Glück/Glücklichsein (dekid) für ihr Volk schaffen kann, dann hat sie keine Existenzgrundlage“.

DieRegierung Bhutans misst das Bruttosozialglück weitgehend quantitativ, indem sie alle paar Jahre nationale Umfragen durchführt (GNH-Berichte). Es wird jedoch nach wie vor viel darüber diskutiert, ob Glück etwas ist, das quantitativ gemessen werden kann.